20.06.2017
Pressemeldungen

5. PMCA IMPULS 2017: ERSTATTUNG UND MARKET ACCESS – ALLES NEU?



Am 30. März 2017 wurde im Nationalrat die jüngste Änderung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) beschlossen. Diese hat weitreichende Auswirkungen auf das Erstattungssystem für Arzneimittel zur Folge. Die damit verbundene Frage „Erstattung und Market Access – Alles neu?“ stand im Fokus der 5. Impulsveranstaltung des Pharma Marketing Club Austria (PMCA) in diesem Jahr und wurde von Branchenexperten aus dem Pharmabereich am 19. Juni in Wien aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet.

Die neue ASVG-Novelle, die die Arzneimittelpreise zukünftig in einem stärkeren Ausmaß als bisher regeln wird, umfasst Preissenkungen sowohl von Medikamenten im roten und gelben Bereich des Erstattungskodex (EKO), als auch von Generika und Biosimilars. Ebenso sind patentfreie Arzneimittel im grünen Erstattungsbereich von jetzt an einem restriktiven Preisband unterworfen. Für Medikamente, die nicht im EKO gelistet sind, gelten ab 1. Jänner 2018 bindende EU-Durchschnittspreise.

Beim 5. PMCA Impuls unter der Moderation von Mag. Erika Sander erörterte Dr. Wolfgang Andiel, Präsident des Österreichischen Generikaverbandes (OeGV) und einer der Mitglieder der Pharmawirtschaft in der „Arbeitsgruppe zur Weiterentwicklung der rechtlichen Rahmenbedingungen“ gemäß Rahmen-Pharmavertrag 2018 die Inhalte, Hintergründe und Auswirkungen des mit 1. Mai 2017 in Kraft getretenen Gesetzes. Als Mitglied des Verhandlungsteams der Pharmawirtschaft gab er Einblicke in den Verlauf der Verhandlungen, die unterschiedlichen Positionen der Verhandlungspartner und legte die gesetzlichen Änderungen aus Sicht der Industrie dar.

Aktuelle Änderungen des Erstattungssystems – Hintergründe, Inhalte und Auswirkungen
Einleitend berichtete Dr. Wolfgang Andiel, dass nach monatelangen Verhandlungen zwischen der Pharmawirtschaft und dem Hauptverband der Österreichischen Sozialversicherungsträger, bei denen keine Einigung erzielt werden konnte, nun mit der ASVG-Novelle weitreichende Forderungen des Hauptverbandes per Gesetz durchgesetzt wurden. Anschließend thematisierte er die tiefen Eingriffe in das Erstattungssystem für Arzneimittel, die die jüngste Gesetzesänderung beinhaltet.

„Die beschlossenen Maßnahmen können im Lichte der realen Entwicklung der Arzneimittelausgaben nur als überschießender planwirtschaftlicher Eingriff in ein an sich funktionierendes System der Arzneimittelerstattung beurteilt werden“, so Dr. Wolfgang Andiel. Ergänzend zu dem Solidarbeitrag in Höhe von 125 Mio. Euro, den die Industrie auf Basis des Rahmen-Pharmavertrags für 2016 freiwillig an die Sozialversicherungsträger leistet, entsteht nun ein zusätzlicher Preisdruck. Das könnte eine Preisspirale nach unten in Gang setzen, die langfristig die Versorgungssicherheit, die Angebotsvielfalt und den Patientenzugang zu innovativen Arzneimitteln gefährdet, was der viel zitierten Zwei-Klassen-Medizin Tür und Tor öffnen würde.
Abschließend konkludierte Dr. Wolfgang Andiel: „Die Abkehr vom Weg partnerschaftlicher Vereinbarungen hin zu gesetzlichen Zwangs-Maßnahmen wird sich auch auf die zukünftige Entwicklung der Zusammenarbeit zwischen Pharmawirtschaft und Hauptverband auswirken. Ob der seit 2008 erfolgreiche und bewährte Rahmen-Pharmavertrag nach 2018 eine Fortsetzung finden wird erscheint aus heutiger Sicht mehr als fraglich.“

Internationaler Vergleich der Erstattungssysteme
Im 2.Impulsvortrag des Abends wurde darüber hinaus die Frage erläutert, ob die weitreichenden Änderungen des Erstattungssystems nur ein Phänomen des österreichischen Marktes sind, oder ob dies bereits in anderen Ländern Usus ist.

Thomas Baker, Head Consulting Services, Switzerland and Senior Principal, P&MA, bei QuintilesIMS – einem der weltweit führenden Dienstleister im Gesundheitswesen – bot Einblicke in die Entwicklung und jüngsten Trends der europäischen Health Technology Assessment (HTA)-, Preis- und Erstattungslandschaft. Im Fokus standen die Länder Frankreich, Deutschland und Großbritannien. Der internationale Experte gab zu bedenken, dass wir in einem Zeitalter der aufregenden neuen Technologien, aber auch der ökonomischen Strenge und steigender Beweisanforderungen leben. Dadurch werde der Launch eines Produktes immer schwieriger sowie die Preisgestaltung und der Marktzugang immer wichtiger für den kommerziellen Erfolg. Die Marktbedingungen seien daher weltweit anspruchsvoller geworden, weshalb verschiedene hoch erwartete neue Produkte den Erwartungen nicht gerecht werden konnten. Betreffend der Situation in Europa führte Thomas Baker aus: „Payers, particularly in Europe, increasingly expect rigorous head-to-head trials tailored to the specific treatment patterns in their markets – and punish products that don’t meet these requirements. Yet, in some recent cases, even products that provided head-to-head data showing superiority against the standard of care, P&MA outcomes were disappointing.“ Aufgrund der zunehmend höher werdenden Anforderungen und Erwartungen an die Markteinführung neuer Produkte, die in Europa gestellt werden, muss man sich daher zukünftig fragen, welche Strategien den Zugang und die Freisetzung von kommerziellen Potenzialen ermöglichen werden und was Herstellerfirmen tun müssen, um dabei erfolgreich zu sein.
An die spannenden Impulsvorträge schloss sich eine lebhafte Diskussion an, bevor der Abend bei einem gemütlichen Get-together seinen Ausklang fand.

Über den PMCA:
Seit seiner Gründung stellt der Pharma Marketing Club Austria (PMCA) eine Plattform mit dem Schwerpunkt „Marketing im Gesundheitswesen“ für Agenturen, Pharmafirmen, Verlage, Dienstleister und andere medizin-orientierte Unternehmen dar. Der PMCA bezeichnet sich selbst als „Netzwerk des Wissens“ und hat es sich zum Ziel gesetzt, Entwicklungen und Trends für den Gesundheitsmarkt aufzuspüren und Impulse zu setzen, aber vor allem die einzelnen Marktteilnehmer miteinander zu vernetzen. 2015 feierte der Pharma Marketing Club Austria sein 20-jähriges Bestehen.

Weitere Informationen sowie alle Termine finden Sie unter www.pmca.at

Die in diesem Pressetext verwendeten Personen- und Berufsbezeichnungen treten der besseren Lesbarkeit halber nur in einer Form auf, sind aber natürlich gleichwertig auf beide Geschlechter bezogen.


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